Handwerk und Handel

 

Die Schaffung von Provinzverwaltungen, die zunehmende Urbanisierung und damit verbunden die Schaffung einer konsumkräftigen Schicht, die Stationierung von Militär in den Grenzprovinzen und das Vorhandensein, der Ausbau und die Instandhaltung eines ausdifferenzierten Straßennetzes und das Verkehrswesen überhaupt waren Faktoren, unter dem der Handel und das Gewerbe gedeihen konnte.

 

Typisch für die römische Zeit ist wohl der Kleinstbetrieb, in dem ein von der Familie unterstützter Handwerker Waren herstellt und als sogenannter Produzentenhändler auch selbst verkauft. Das schließt den gleichzeitigen professionellen Vertrieb durch einen nur im Handel tätigen Kaufmann (negotiator) nicht aus. So bot ein negotiator seinen Kunden neben importierter Terra Sigillata die sicher preiswerteren lokalen Erzeugnisse an.

 

Handwerker und Händler wohnten zumeist in bescheidenen Streifenhäusern mit vorgelagerten Portikus, denen Höfe angegliedert sein konnten. In diesen Gebäuden diente die an der Straße gelegene Werkstatt zugleich als Laden, während die Wohnräume den hinteren Teil oder das Obergeschoss einnahmen. Kunden sollten durch Ladenschilder, reich dekorierte Theken und Inschriften, auf die Laden-Werkstatt aufmerksam gemacht werden. Breite Türöffnungen ließen viel Licht herein, so dass der Innenraum ausgeleuchtet gewesen sein dürfte.

 

Eine temporäre Zusammenarbeit verschiedener Kleinhandwerker ist bei einigen Gewerben wie der Keramikproduktion anzunehmen, um vor allem Öfen wirtschaftlich effektiv zu nutzen. So schlossen sich zum Beispiel Töpfer zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen.

 

Oftmals übernahm dabei ein besonders erfolgreicher Meister die Leitung. Während finanzkräftige Töpfer sogar in mehreren Siedlungen Filialen eröffneten, wird der Standortwechsel eines einzelnen Handwerkers wie der Terra Sigillata Töpfer sonst eher aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus erfolgt sein.

 

Auch mangelte es im römischen Reich nicht an Betrieben, die exportorientiert produzierten. Das Phänomen der über weite Strecken verhandelten Waren und der Gründung von Filialbetrieben lässt sich besonders gut bei den in Massen produzierten Öllampen und der Terra Sigillata erschließen.

 

Bei einer großen und andauernden Nachfrage nach Keramikprodukten war die Gründung von Filialen oft die Regel. Die Produktion konnte aber auch zu den Märkten verlegt werden.

 

 

 

Ein Produktionsschwerpunkt für Terra Sigillata im römischen Reich war Arezzo, das seine hochwertige Feinkeramik vorwiegend in die nordwestlichen Provinzen, aber auch in andere Regionen exportierte.

 

Angesichts des Erfolges gründete man Filialen, um den Abnehmern der Ware näher zu sein.

 

In Bezug auf arretinischer Terra Sigillata hieß das, dass die Betriebseigentümer Zweigstellen in Pisa, Lyon und La Grauafesenque gründeten.

 

In Arezzo scheint man in der Hauptsache für den italienischen Bereich produziert zu haben, in Pisa für den Absatz der Waren über See, in Gallien für die Provinzen am Rhein.

 

Die Manufakturen gehörten meisten immer den Großgrundbesitzern, zu denen mehrfach Frauen zählten. Diese Betriebseigner verpachteten die gesamte Anlage an einen oder mehrere parallel arbeitende Töpfer. Zu den Ihnen übertragenden Aufgaben gehörte bisweilen die Aufsicht über das dort ständig anwesende Personal, das dem Töpfer wohl bei groben Tätigkeiten zuzuarbeiten  hatte. Der Werkstattpächter konnte zu rentableren Bewirtschaftung des Betriebes weitere Töpfer beschäftigen, die für Ihn arbeiteten.

 

Das Stempeln der Waren mit den Töpferstempeln diente nicht als qualifizierendes Markenzeichen, sondern wohl zum Abrechnen, weil in zentralen Öfen gleichzeitig bis 30000 Gefäße unterschiedlichster Form und Machart gebrannt worden sind.

 

Während die Meister, die den Betrieb gepachtet hatten, ihre Erzeugnisse oft hinter dem Kürzel „of“ (officina = Werkstatt des …) signierten, kennzeichneten die Töpfer mit einem Untervertrag ihre Gefäße oft mit Zusatz „f“ (fecit = er machte) oder „manu“ (aus der Hand des ---)